Die Schüler und Schülerinnen der Albert Schweitzer Schule nahmen an der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd teil. Diese zielt auf eine positive Beeinflussung der Motorik, der Wahrnehmung, des Lernens, des Befindens und des Verhaltens des Kindes. Im Vordergrund steht nicht die reitsportliche Ausbildung, sondern der spielerische Umgang mit dem Pferd. Es handelt sich um eine ganzheitliche Förderung der Persönlichkeit des Kindes.
Die Erfahrungen im Rahmen des Vorjahresprojektes hatten gezeigt, dass die Größe der Gruppe auf maximal vier Kinder beschränkt sein sollte. Die Kinder wurden daher in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die eine Gruppe an der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd teilnahm, widmete sich die zweite Gruppe unter Aufsicht des Betreuers der ASS den gestellten Hausaufgaben. Nach einer Stunde erfolgte der Wechsel.
Alle acht Kinder wiesen einen erhöhten Förderbedarf im sozial-emotionalen und kognitiv-kreativen Bereich auf. Darüber hinaus wurde ein weiterer Förderbedarf sichtbar: Fast alle Kinder hatten keinen dem Alter entsprechenden guten Sprachausdruck, Satzbau bzw. Artikulation. Bereits in den ersten Fördereinheiten stach besonders die Auffälligkeit der motorischen Unruhe und Impulsivität aller Kinder heraus. Sie waren nicht dazu in der Lage, direkt nach Ankunft einen Begrüßungskreis zu bilden und für eine Minute ruhig stehen zu bleiben. Erst nach dem Austoben auf dem Seilfpad konnten sie den Anweisungen der Pädagogen folgen. Die motorische Unruhe und geringe Konzentrationsfähigkeit der Kinder durchzog die gesamte Reitzeit. Alle Kinder putzten das Pferd eher flüchtig und ließen sich meistens von den Eindrücken des Außengeländes ablenken. Bei einigen war die motorische Unruhe sogar so groß, dass sie die gesamte Reitzeit hindurch auf „Entdeckungstour“ gingen oder in Konfliktsituationen aneinander gerieten. Aufgrund der niedrigen Frustrationstoleranz und der übersteigerten Aggressivität waren Konflikte immer gegenwärtig. Es fehlte die Selbststeuerung, sodass Konflikte scheinbar nur mit viel Gewalt gelöst werden konnten. In diesen Situationen wurde offen mit den Kindern diskutiert und nach Lösungen gesucht. Manchmal half nur eine Auszeit der betroffenen Kinder bei ihrer Betreuerin.
Alle Kinder benötigten sowohl für den Ablauf des Nachmittags als auch für die eigentliche Reitzeit eine minutiös geplante feste Struktur. Eine spontane Änderung des Zeitplanes oder der Reihenfolge bedeutete für sie eine große Herausforderung. Sie waren schwer frustriert, wurden sogar aggressiv und flüchteten aus der Situation, in dem sie das Gelände verlassen wollten. Es wurde deutlich, dass alle Kinder feste Strukturen brauchten, da sie selber nicht in der Lage dazu sind, Situationen zu strukturieren.
Rückblickend ist es gelungen, alle Kinder in ihre Gruppe zu integrieren. Simon und Till (diese und die folgenden Namen wurden von uns geändert) gelang dieser Schritt erst nach einer Phase der Einzelförderung, in der sie ihre Impulsivität besser unter Kontrolle bringen konnten. Jan, der sich dagegen anfangs nur wenig zutraute und deshalb als Außenseiter behandelt wurde, erlebte in der Arbeit mit dem Pferd eine Vielzahl von Erfolgserlebnissen, die sein Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten stärkten. Im Laufe der Förderung ist sein Selbstbewusstsein angestiegen, da er sich immer wieder neuen Herausforderungen stellte. Er lernte, eigene Wünsche zu äußern und diese auch vor anderen Kindern einzufordern. Dadurch wurde er besser in die Gruppe integriert und sein Selbstwertgefühl konnte gesteigert werden. Matthias hat mit Hilfe des Pferdes gelernt, seine Emotionen besser zu regulieren. Seine „Ausraster“, während derer er kaum noch ansprechbar war, sind inzwischen sehr selten geworden. Auch die übrigen Kinder lernten sich besser zu konzentrieren, konnten durch die Erfolgserlebnisse im Umgang mit dem Pferd ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein steigern und ihre niedrige Frustrationsgrenze anheben. Da alle Kinder aber immer wieder einmal in alte Verhaltensmuster zurückfallen, ist es wichtig die Therapie fortzusetzen, um ihre Verhaltensfortschritte so weit zu festigen, dass sie auch bis in den Alltag hinein wirken können.